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1.   Einleitung

Die „Leistungen im Gesundheitswesen werden rationiert.“ Die Wahrheit dieses Satzes anzuerkennen fällt vielen, besonders Politikern, immer noch schwer. Dennoch ist Rationierung im Bereich der Gesundheit eine Tatsache und vielleicht sogar eine Notwendigkeit.

Unter anderem durch Fortschritte im Bereich der Medizintechnik und  im pharmazeutischen Bereich sowie durch neue „moderne“ Seuchen, das Wiederaufleben von längst besiegt geglaubten Krankheiten und die steigende Lebenserwartung in den Industrienationen  sind  die Kosten des Gesundheitswesens in den letzten Jahren geradezu explodiert. Durch diese Explosion verbraucht das Gesundheitswesen in den meisten Industriestaaten einen immer größer werdenden Teil des Bruttosozialprodukts. Dadurch wird nicht nur die Entwicklung anderer Wirtschaftszweige gehemmt, sondern es stehen auch für andere staatliche und soziale Aufgaben, wie z.B. Bildung, Wohnungsversorgung und Arbeitslosenunterstützung. , weniger Mittel zur Verfügung. Auch hat man erkannt, daß auch „sozioökonomische Faktoren wie Wohlstand, Ausbildungsniveau, Beschäftigungsstruktur oder Wohnungswesen“[1] einen großen Einfluß auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung haben und dieser nicht nur von den dem Gesundheitswesen zur Verfügung stehenden Mitteln abhängig ist. Da die Gesundheit ihrer Mitglieder nicht das einzige von einer Gesellschaft zu schützende und zu fördernde Gut ist, ist eine Rationierung auf Dauer unumgänglich.

Rationierung ist, auch wenn sie oft verschwiegen wird, bereits heute eine Tatsache und war es wohl auch schon immer, denn schon immer sind im Gesundheitssystem Leistungen, die von den einen für notwendig erachtet worden sind von anderen aus den unterschiedlichsten Gründen verweigert worden oder sie waren bestimmten Personengruppen nicht zugänglich. Einzig das Ausmaß der Rationierung hat sich durch die Krise der Gesundheitssysteme vergrößert und breitere davon betroffene Kreise der Bevölkerung erhalten Kenntnis darüber.

Wie geschieht diese Rationierung bzw. wie kann sie geschehen?

In Entwicklungsländern erfolgt die Verteilung des Zugangs zu medizinischer Versorgung im allgemeinen nach zwei wesentlichen Kriterien: Dies ist zum einen das des Geldes, das gelegentlich auch durch persönliche Beziehungen oder Gewalt ersetzt werden kann und das gegebenenfalls auch Reisen zu bestimmten medizinischen Einrichtungen ermöglicht, und das des Zufalls, das bestimmt ob man sich gerade in der Nähe einer durch den Staat oder NGO[2] finanzierten medizinischen Einrichtung befindet oder beispielsweise von einer Impfkampagne erreicht wird. Medizinische Versorgung ist hier ein Gut das entweder nach kommerziellen Gesichtspunkten, dem Zufalls- oder „Wo-die-Not-am-größten-ist“-Prinzip verteilt wird. Diese Verteilung wird dort mehr oder minder akzeptiert, da es oft bereits an einer einfachsten Versorgung mangelt.

Wie sieht es jedoch in den hoch entwickelten Industriestaaten aus, die ihren immer weiter expandierenden Gesundheitssystemen wegen deren explodierender Kosten Grenzen setzen müssen?

Ich werde diese Frage an Hand von vier Beispielen mit Hilfe der mir zur Verfügung stehenden Informationen erörtern. Als Beispiele möchte ich dafür Staaten mit unterschiedlichen Gesundheitssystemen, unterschiedlich weit fortgeschrittenen Rationierungsdiskussionen und unterschiedlichen Rationierungsansätzen wählen, über die ich auch über ein gewisses Minimum an Information verfüge. Ich habe mich daher für die Gesundheitssysteme folgender Staaten entschieden: Deutschland, Großbritannien, Norwegen und die Vereinigten Staaten von Amerika. Ich werde in dieser Arbeit versuchen einen Systemvergleich mit einem Schwerpunkt auf den Mechanismen der Rationierung vornehmen. Dabei werde ich besonders nach Faktoren suchen, die für eine philosophische Diskussion von Bedeutung und Interesse sein könnten. Ich tue dies jedoch nicht als Philosoph, sondern als Student der evangelischen Theologie und als an Fragen des Gesundheitswesens und der Gesundheitspolitik Interessierter.

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